27.12.2009 - Fazit
Was war an diesem Winter-Camino das Besondere?
Ersteinmal die wirkliche Einsamkeit, es waren abends zwischen 3-8 Pilger in der einzig offenen Herberge im Ort und auch tagsüber war es herrlich ruhig auf dem Weg. Okay, viele Kirchen, Bars, Tiendas und Herbergen hatten geschlossen, aber jeden Abend gab es ein Bett in einer
beheizten Herberge mit warmem Wasser zum Duschen, was will man mehr?
Das Wetter war durchwachsen, genau 3,5 Sonnen- und 3,5 Regentage. Aber bei Temperaturen von mind. 5° tagsüber (bis ca. 11°) war es schon auszuhalten, und in der Sonne wird einem dann eh warm beim Laufen.
Mein Highlight waren die Gespräche mit der Nonne, die in den Pilgermessen den Gesang anleitet. Wir (Jon-Paul und ich) hatten zweimal für jeweils ca. 5-10 min die Gelegenheit mit ihr zu reden und das war für mich eine ganz besondere Begegnung.
Ansonsten war es eine Erfahrung für sich im Winter zu pilgern, das nächste Mal komme ich aber zu einer wärmeren Jahreszeit auf den Jakobsweg zurück, dann mit noch weniger Gepäck, ich werde mal 6 kg im 35-45 l Rucksack anstreben.
Danke für alles Begleiten und Kommentieren, es ist immer wieder schön wenn man weiss, dass da noch jemand an Einen denkt und man nicht alleine unterwegs ist.
Euch allen einen guten Start ins neue Jahr 2010 und bis zum nächsten Mal,
MICHAEL (templarios@web.de)
24.12.2009 - Heiligabend in Santiago
Um 18:50 vor der zweiten gruenen Nebentuer des 5-Sterne-Hotels Parador, 6 Pilger mit jeweils einer Kopie ihrer Compostella bewaffnet durften in einem Nebenraum ein kostenloses Pilgermenue verspeisen.
23.12.2009 - Vorletzte Etappe
Ich startete als Erster gegen 7:25 Uhr bei voelliger Dunkelheit, die Taschenlampe ist ja bereits im Paket nach Hause unterwegs. Im Stockdunkeln konnte ich mich dennoch mit dem Handy als Leuchtquelle ganz gut orientieren, aber beim groessten Wasserloch ueberhaupt auf dem Weg nutzte alles nichts, zurueck oder durch. Ein Zurueck gibt es eigentlich nicht, also durch und schon wieder hatte ich nasse Fuesse.
Generell begann der Tag dann bewoelkt und sogar mit leichtem Nieselregen, jedoch nicht dramatisch. Die Kilometer flogen so dahin, zudem ich bei leichten Bergab-Passagen sogar anfing zu joggen um Tempo zu machen. Es lief einfach grandios. So war ich schon gegen 10:45 in Melide, unterwegs hatte eh noch jede Bar zu. Allerdings war Cesar mit seinem Lieferkombi bei schmierignasser Strasse ins Rutschen geraten und landete mit den Vorderraedern im Graben. Ich fotografierte gerade ein deutsches Lokal "Die zwei Deutschen" und hoerte die Unfallgeraeusche. Cesar versuchte mit durchdrehenden Reifen sein Kombi wieder flott zu bekommen, es gelang mit vereinten Kraeften. Leider fuhr er in die falsche Richtung weiter.
Schmiedearbeit in Castaneda.
In Melide selbst war es fuer einen Mittagspausen-Stopp noch zu frueh, also weiter. Gegen 11:45 musste ich einfach mal pausieren und die nassen Socken wechseln, nach 30 Minuten weiter. Dann gegen 13:30 war endgueltig die Mittagspause angesagt, ich hatte mittlerweile schon 23 km hinter mir und nur noch 5 zu gehen. Nach ausgezeichneter Rast vor dem Lokal in der nun freundlichen Mittagssonne ging ich von 15:00 bis 16:15 den restlichen Weg bis Arzua.
Gerade die Bergab-Passage nach Ribadiso und dann wieder hinauf nach Arzua hatte ich deutlich anstrengender in Erinnerung, aber wahrscheinlich hat im Sommer die Hitze jegliche Anstrengung potenziert. In der Herberge wartete schon Dongh-Hunh auf mich und spaeter trudelte auch Jon-Paul ein, der sich heute einen 4-stuendigen Aufenthalt in Melide gegoennt hatte und dann per Taxi kam.
Nach Duschen, Waeschewaschen und Relaxen sind wir noch zu dritt Essen gegangen, sehr nett.
Dongh-Hunh wird morgen die 40 km komplett nach Santiago laufen und frueh losgehen.
Jon-Paul hat seit drei Tagen Tendinitis und starke Schmerzen am rechten Schienbein, er haelt jedoch nichts von Selbsttherapie. Zumindest hat er meine Voltaren-Salbe und Tabletten angenommen, zur Not hat er noch Ibuprofen 600, die gibt es hier in Spanien ohne Rezept. Werde mich auch noch eindecken.
Also, Jon-Paul und ich werden den Camino gemeinsam beenden und somit erstmal mit dem Bus nach Santa Irene fahren und dann laufen soweit es geht bis Santiago, oder nochmals fahren bis Monte Gozo und von da ab zusammen in Santiago einlaufen. Die Pilgermesse um 12:00 werden wir nicht schaffen, wohl aber den Weihnachtsgottesdienst am spaeten Nachmittag oder dann in der Nacht.
22.12.2009 - Kühe
Kühe - Part 1
3 amerikanische Radpilger bleiben am Ortsausgang von Ligonde stehen und betrachten interessiert, wie ein Bauer einen Bullen beruhigen und zum Stall bringen möchte, dieser aber wie wild hin und her rennt, da auf der gegenüberliegenden Weide mehrere Kühe stehen, die er wohl gerne näher kennenlernen möchte. Die drei fühlen sich in Sicherheit, da springt der Bulle über die Steinmauer auf die Straße ... 2 können wegradeln, auf den dritten rennt der Bulle zu, der Bauer hinterher. Der Radpilger springt vom Rad und geht dahinter in Deckung bzw. hält es dem Bullen entgegen - der Bauer kann das Tier gerade noch beruhigen.
Kühe - Part 2
Dongh-Hunh aus Korea verfranzt sich beim Herunterlaufen vom O Cebreiro und befindet sich auf einer Kuhweide, wobei die Tiere sich auf ihn zu bewegen. Zurück bergan mit dem Rucksack geht nicht, also so schnell es geht bergab. Er kommt zum Weidezaun aus 3 Reihen Stacheldraht, zu hoch um darüber zu springen. Er wirft seinen Rucksack hinüber. Die Tiere sind nun sehr nahe und beginnen zu schnauben bzw. mit den Hufen zu scharren. Er legt sich flach hin und robbt unter dem untersten Stacheldraht in Sicherheit.
Bei der lebhaften und durch anschauliche Mimik und Gestik dargebrachten Schilderung gestern in der Herberge in gemütlicher Runde haben wir alle herzhaft gelacht und freuten uns, dass nichts Schlimmeres passiert ist.
22.12.2009 - Fortsetzung
Aergerlich: da ist also jemandem seine Mami, seine Freundin Mami oder ein Tier Mami am 11.09.2009 gestorben, schlimm genug. Aber nun hat dieser Jemand jedes Schild und jede freie Stelle mit diesem elenden "Mami 11-09-2009" beschmiert, als ob der Jakobsweg nur darin besteht so oft wie moeglich der Nachwelt seine Schmierereien aufzudruecken. Also wenn ich den erwische hat der mit seinem schwarzen Edding im Gesicht "Mami 11-09-2009" stehen, das regt mich so langsam echt auf.
Hier geht die Geschichte vom vorherigen Post weiter:
Ich sitze also in der Kneipe und denke mir, dass ich von Pommes und Pizza gestaerkt nun halt die letzten 8 km ganz langsam in Angriff nehme, auch wenn die sich ziehen werden wie Kaugummi. Insgeheim hoffte ich auf ein vorbeifahrendes Auto, um als Anhalter mitgenommen zu werden, Busse fahren hier eh nicht. Die Spanier sind aber etwas eigen und nehmen eigentlich keine Pilger mit, die sollen mal schoen laufen. Haben ja auch bedingt recht, aber ich wollte fuer mich heute eine Ausnahme. Und es kam ...
Der Engel der Landstrasse. Ich winke, er haelt an, ich sage in gebrochenem Spanisch, dass er ein wirklicher Engel sei, mein Name ist Michael und wie heisst er? ANGEL.
Ich musste lachen, Angel der Engel der Landstrasse, 75 Jahre alt, faehrt nicht mehr so sehr sicher (einmal schon neben dem Asphalt auf dem Rasen nahe des Grabens) aber es ging alles gut. Ich habe ihm immer schoen die beschlagenen Scheiben freigewischt und so sind wir nach Palas de Rei geduest in seinem betagten Renault.
22.12.2009 - Erleichterungen
Nun hat der arme Kerl seine Reise so kurzfristig geplant, er hat noch nicht einmal ein Handtuch dabei und muss sich immer mit einem seiner T-Shirts abtrocknen. San Miguel hat natuerlich 2 Micro-Fleece Handtuecher dabei und schwupp, wieder 150 gr weniger. Er ist aber in der Pflicht und muss die naechsten beiden Riojas ausgeben, Geld wollte ich ihm keins abknoepfen.
Dann packte ich ein Paket mit dem 4. T-Shirt, den 4. und 5. Socken, dem 2. Poncho (ein Mitbringsel), meiner Taschenlampe, meinem 2. Messer (Springmesser, unterwegs in Portela del Valcarce gekauft), der Turbo-Muetze und der normalen Muetze (ich habe beschlossen, dass ab heute eine Baseball-Cap genuegt) usw. - das Ergebnis waren nochmals 1865 gr weniger im Rucksack.
Die Wege ware zwar nass, aber durchaus begehbar per Slalom rund um die Pfuetzen.
21.12.2009 - 21 km Dauerregen
also schmerzbefreit zur Bushaltestelle und erstmal mit dem Bus nach Sarria.
Zu Beginn liefen wir noch um die Pfuetzen herum, aber irgendwann war es einfach zu viel Wasser. Auch die Alternative ueber die nasse Wiese war nicht wirklich besser, dort wurden die Schuhe und Fuesse ebenfalls nass. Und als es dann soweit war, bin ich einfach nur noch stramm durch alles Wasser und Matsche hindurchgestiefel, es war eh egal und schon alles nass.
20.12.2009 - Bergab
Nur noch 136 km und ein wunderbares Bergpanorama. Beim Alto de Poio haben sich unsere Wege getrennt. Jon-Paul, der eine Weizenallergie hat, nahm hier sein Fruehstueck zu sich und Nicolas war mir zu schnell.
Bergab in Richtung Triacastela war auch der Schnee verschwunden. Bergab ist nicht so mein Ding, die Kniee und Waden schmerzten, ich machte erst einmal eine Pause in Triacastela neben der Herberge und wartete auf Jon-Paul.
20.12.2009 - Begegnungen
19.12.2009 - O Cebreiro
Hier geht´s hoch nach La Faba. Durchaus begehbar und dank Teleskopstoecke auch wirklich machbar. Ach ja, den Rucksack habe ich von Jesus Arias transportieren lassen, war auch gut so.
19.12.2009 - Camino Duro
18.12.2009 - Ave Fenix
In Cacabelos war ich in einer aeusserst mysterioesen Spelunke gelandet, dort herrschte zu 100% ein ganz anderer Geist als der des Caminos und der Heilige Geist schon gar nicht. Ziemlich verdaddert bin ich wieder heraus ... im Nachhinein aergert es mich, dass ich nicht das Gespraech gesucht habe oder z.B. ganz bewusst die Spelunke und die Angestellten unter Gottes Segen gestellt habe. Haette wahrscheinlich auch sehr nach hinten losgehen koennen, wer weiss?
Fuer den kleinen Hunger zwischendurch war gesorgt.
Morgen sollen wir die Strasse nach Piedrafita nehmen, da angeblich Faba komplett zugeschneit ist. Werde ich morgen aber in Ruitelan nochmal direkt vor Ort nachfragen. Und den Camino Duro, mal sehen.
Laut Radio ERIWAN sind eine Tagesetappe vor mir ca. 12 Pilger, das berichtete mir eine nette bulgarische Bistro-Bedienung in Camponaraya. Und heute in der Herberge sind wir mit Mario aus Quebec, 2 Suedafrikaner und mir schon 4 Pilger. Hospitalera hier ist Marlies aus Berlin und somit konnte ich mich auf Deutsch erstmal ein wenig ausquatschen.